Freitag, 9. Mai 2008

Santa Cruz, die Stadt der bunten Stiefmütterchen

10.000 Menschen wehen mit roten Fahnen und schreien Zapatero. Zuerst sprechen die lokalen politischen Größen. Patricia Hernandez hält eine Rede im kurzen Minirock. SIe ist kaum 30 Jahre alt und kandidiert für einen Sitz im Senat in Madrid. Politische Agitation im Minirock und Stöckelschuhen. Warum auch nicht? Vielleicht haben die Spanier uns etwas voraus. Warum müssen erfolgreiche Frauen immer männliche oder dezente Kleidung tragen? Dann schauen alle mit glänzen Augen auf Zapatero. »Gleichheit für alle! Bildung für alle! Wir sehen in die Zukunft!«
M ( Mariano Rajoy / PP) steht für »miedo« (Angst) und »mala« (schlecht) »miseria« (Misere). Das Kind von Mariano Rajoy geht in eine Privatschule, das Studium wird von Papa bezahlt und arbeitet später in der Firma des Vaters. Das ist verbale Agitation. Hat nicht gerade viel mit der Realität zu tun. Aber wer sagt denn, dass die Menschen realistisch denken können?

Die erste TV-Debatte seit 15 Jahren. Face to face Zapatero - Rajoy. Ganz Spanien schaut zu. DieTV-Debatte besteht aus Anschuldigungen, Zahlen und Grafiken. Ist die Arbeitslosigkeit nun gestiegen oder nicht? Der eine sagt ja, der andere nein. Wer hat denn nun die richtigen Zahlen? Politik bleibt einfach abstrakt. Deshalb hilft eigentlich nur die emotionale Agitation.

DIe Wahlsprüche 2008:
»Wähle mit all deiner Kraft «PSOE
»Mit Kopf und Herz und klaren Ideen« PP
»Sprich Kanarisch« CC Nur die Canarios können die Kanaren auch in Madrid vertreten.

Die Wohnung gleicht einem sinkenden Schiff. Milagros, die neueste Mitbewohnerin zieht morgen aus. Sie erträgt die unsichere Situation nicht. Milagros putzt um auszuziehen, Marie putzt um einzuziehen. So bleibt die Wohnung immer sauber. Marie putzt die ganze Wohnung von oben bis unten durch. Sie ist zur Zeit arbeitslos und hat Zeit. Den Tag verbringt sie mit putzen oder TV schauen. Manchmal spricht sie auch mit sich selbst. Sie scheint glücklich zu sein. Wir kommunizieren nicht viel, deshalb kommen wir gut miteinander aus. Arancha wohnt überwiegend bei ihrer Mutter und ihrem Kind. Für zwei Tage in der Woche genießt sie ihre Freiheit und schläft hier. Marcel immer noch verschollen auf Kuba. Dem Besitzer fehlt eine Monatsmiete und Wassergeld. Bis zum 24.März muss das Geld bezahlt werden. Nebenbei schaue ich mich schonmal nach einem neuen Zimmer um. Carsten, der dänische Fotograf, bietet mir seine Wohnung in Tabaiba mit der phantastischen Aussicht an. Ein Zimmer mit Wohnzimmer 55 m2 für 400 Euro. Das ist ein sehr guter Preis. Aber bei meiner unstabilen Lage immernoch zuviel. Es ist wie zu früheren Zeiten im Osten. Wenn man eine schöne Wohnung haben möchte, muß man sich einen Partner suchen und dann schnell zusammenziehen. Alles andere ist unerschwinglich.
Ich könnte auch ein Zimmer für 300 Euro mieten. In gelbgrün gestrichen, mit Fenster zum Hof. Eine gutaussehende Frau mit langen braunen Haaren und Stöckelschuhen öffnet mir die Tür. Die Wohnung ist geschmackvoll eingerichtet und hat einen Balkon mit Blick zum Meer. Dafür kostet das Zimmer eben auch 300 Euro. Ich kann mich auch dafür nicht entschliessen, also warte ich ab. Ich genieße zur Zeit meine Freiheiten in der jetztigen Wohnung. Enzo, der sizilianische Immobilienmakler aus dem Schwabenland hätte eine Wohnung für mich: 340 Euro plus Nebenkosten. Insgesamt 400. DIe Wohnung hat ein Zimmer, ist hell und zugestellt mit alten, hässlichen Möbeln. Es gibt wohl ein Gesetz, wenn man möbiliert vermietet, bekommt man die Mieter schneller wieder raus. Dabei merke ich, ich will gar nicht alleine wohnen. Und schon gar nicht inmitten von einem Schrotthaufen von Möbeln.

Ein Afrikaner kommt selten allein....
Eine afrikanische Frau ist von ihrem Ehemann mit Kind aus der Wohnung geworfen worden. Es fehlen 12.000 Euro in bar. Der Mann beschuldigt seine Frau für das Verschwinden des Geldes. Schnelles Geld ist eben schnell wieder weg. Viele Afrikaner verdienen im Drogenbusiness ihr Geld. Es bleiben nur wenige Arbeitsmöglichkeiten. Viele sind Analphabeten und haben keine Ausbildung. Wer nicht im Drogengeschäft ist, verdient im Straßenbau sein Geld. Abdoulaye-Djibril aus Guinea Conakry hilft dieser Frau mit Kind und ihrer Schwester. Den eigenen Landsleuten hilft man eben. Alle haben auch schonmal bei uns übernachtet. SIe sind auf der Suche nach einem Zimmer. EIn Kubaner nahm alle drei in ein Zimmer auf. Für 150 Euro. Es geht eben doch noch enger. Sie haben keine andere Wahl. Die Schwester ist 20 Jahre, arbeitssuchend. Mit ihren Papieren hat sie keine Probleme mehr, da sie in Frankreich geboren ist. Ein Koffer steht immer noch in unserer Wohnung.

Abdoulaye kann auch Djibril heißen. Und Guinea Conakry liegt an der Westküste Afrikas, südlich von den Kanaren. Sein Vater hat ein Schmuckgeschäft in Guinea Conakry. Als 1984 der Präsident wechselte, verlor er eine Menge Geld. Nach dem Tod Sekou Tourés am 26.März 1984 übernahm am 3.April 1984 der Oberst Lansana Conté die Macht. Gestützt auf ein Militärkomitee. Nach einem Bericht von Transparency International vom November 2006 ist Guinea das korrupteste Land Afrikas. Djibril hat bis zu seinem elften Lebensjahr keine Schule besucht. Er arbeitete zeitweise in der Autowerkstatt seines Onkels mit. Dann machte er so eine Art Privatkurs um Französisch zu lernen. Dem Lehrer fiel seine schnelle Ausfassungsgabe auf, und riet den Eltern, ihn auf eine Schule zu schicken. Er übersprang zwei Klassen und war irgendwann auch wieder der Beste. Wir würden sagen Streber, aber in diesem Land hat man diesen Luxus nicht, das sagen zu können. In Guinea herrscht eine Analphabetenquote von 56 %, die Einschulungsrate im Primärschulbereich liegt bei etwa 50 %, im Sekundärbereich bei 10 % und im Hochschulbereich bei 1 %. Es gibt zwei Universitäten. In der Hauptstadt Conakry und in Kankan bei denen insgesamt etwa 6.000 Studenten eingeschrieben sind.
Der Altersdurchschnitt ist 17 Jahre. Die Lebenserwartung liegt bei 54 Jahren. Das durchschnittliche Jahreseinkommen je Einwohner beträgt 190 Euro.
Die Inflationsrate beträgt 34,7 % im Jahr 2006. Nur wenige afrikanische Länder haben so viele Bodenschätze wie Guinea. Obwohl sie etwa 85 (2004)
der Exporterlöse des Landes erbringen, bietet der Abbau nur wenige Arbeitsplätze.
Die letzten drei Jahre zum Abitur wurde Djibril vom Staat bezahlt, weil er zu den Besten gehörte. Seine Schulkollegen waren die Töchter und Söhne
der Minister und reichen Leute. Nach dem Abitur gingen sie alle nach Oxford oder in die USA studieren. Das konnten seine Eltern nicht bezahlen,
obwohl seine Familie nicht arm ist. Aber er hat eine Schwester in Hamburg, sie hat dort studiert und arbeitet jetzt bei Siemens. Nach dem Studium
hat sie um ihre Aufenthaltserlaubnis gekämpft. Seine Schwester versprach ihm sein Studium zu finanzieren. Im Jahr 2000 kam er zum ersten Mal
nach Deutschland und arbeitete mit anderen Papieren in einer Putzfirma und lernte Deutsch. Sein Traum blieb, in England zu studieren. Djibril ist
seit drei Jahren auf Teneriffa. Durch Verwandte die ihn unterstützen kam er auf die Insel. Er hat zwar immer noch kein Studium aber zumindest
eine Aufenthaltserlaubnis und Arbeitserlaubnis für Spanien. Um in England studieren zu können, und das Visum zu erhalten darf man die ersten 6
Monate nicht arbeiten. Er sagt, er kann erst zurück nach Afrika, wenn er ein Studium beendet hat. Djibrils Vater versteht das alles nicht. Er soll
zurückkommen, das Geschäft übernehmen und heiraten. Djibril erzählt ihm, dass er in Malaga wohne und ihm gehe es gut. Er will seinem Vater nicht
seine Adresse geben. Heiraten und Kinder bekommen ist obligatorisch. Djibril fragt mich, wer denn für mich sorgen wird, da ich keine Kinder habe?
Ich sage, dann ziehe ich mit meinen Freunden zusammen. Kinder sind auch keine Garantie.

Wir sind jetzt vier Fotografen bei der La Gaceta. Santi, der Chef, Alex der Sportfotograf und Javier der im Norden der Insel fotografiert. Das macht sich bei meinem Gehalt schonwieder bemerkbar. Die Fototermine werden immer mehr Routine, ich muß langsam an einen Wechsel denken um weiterzukommen. Weitere Anreize gibt es hier nicht.

Ich wandere das erste Mal die touristische Küste von Los Cristianos ab. Weisses Fleisch, quillt aus kurzen Hosen und bauchfreien Tops. Rosafarbenes Fleisch verrät die Dauer des Aufenthalts der Touristen. Man hört Englisch, Deutsch und Skandinavisch. An jeder Ecke ein Irish Pub und Touristenshop mit Sonnenöl, Badelatschen und Strandtüchern mit einem Teneriffaaufdruck. Die Küste zieht sich in einem bestimmten Rhythmus der Geschäfte entlang. Hotel, Irish Pubs, Geschäfte für die touristischen Bedürfnisse. Ich weiss nie genau wo ich mich befinde, weil alles so gleich aussieht. Schwarze Senegalesen verkaufen Sonnenbrillen auf der Straße. Senegalesische Frauen in traditionellen bunten Kleidern flechten den Europäerinnen afrikanische Frisuren. Drei Nigerianerinnen mit kurzem Rock und tiefem Ausschnitt bieten ihren Körper an. Die Prostitution soll stark angestiegen sein, obwohl die Straßenhuren kaum noch zu sehen sind. Das Geschäft läuft in Clubs und Wohnungen ab. Immigrantinnen aller Nationen arbeiten so. Der Frauenhandel kann so ungestört funktionieren.

Die Prozessionen am dunklen, stürmischen Karfreitag verläuft in der Stille ab. In La Laguna haben sich etliche Menschen auf der Straße versammelt und warten auf die Chofradias, die Kapuzenmänner. Sie erinnern an den Ku Klux Clan. Das ist in unseren Köpfen präsenter als die spanischen Osterprozessionen. Nur die schlürfenden Schritte und das Klirren der Ketten ist zu hören. Die Straßen sind dunkel bis auf einige aufblitzende Kerzenlichter. Keiner spricht ein Wort. Ein magischer Moment und man ist wieder ins Mittelalter zurückversetzt.

Habe seit vier Tagen undefinierbare Zahnschmerzen. Und das im Ausland!
Jeder Deutsche ist erst einmal geschockt, wenn er im Ausland krank wird oder Schmerzen hat. Die Angst vor ausländischer Stümperei, ungenügende Technik und vor allen Dingen die folgenden Rechnungen ist bei den Deutschen groß. Ostermontag ist ein normaler Arbeitstag. Mein Glück. Ich suche den erstbesten Zahnarzt gleich um 9.00 Uhr morgens in meiner Nähe auf. Zuerst weiß ich nicht wer die Zahnärztin oder die Assistentin ist. Sie findet gleich den Zahn, ich versteh einigermaßen was sie mir erklärt. Und lerne neue Vokabeln dazu. Die Blombe muß weg, um darunter den Karies zu entfernen. Sie zeigt mir das riesige schwarze Loch in meinem Backenzahn. Ich bin geschockt. Dabei versuche ich doch meine Zähne gut zu pflegen! Wenn man den Karies unterhalb der Blomben nicht kontrollieren kann, hilft alles Zähneputzen und Kontrolle nichts. Nein, ich brauche kein Anästhetikum. Sie bohrt und bohrt, mit offenem Mund denke ich an die folgende Rechnung. Irgendwann sagt sie, wir müssen den Nerv töten. Ein paar Minuten später sind es alle Nerven. Der Schmerz wird immer intensiver. Ich halte es kaum aus und versuche schreiend auf dem Stuhl zu bleiben. Anästhetika bitte! Viel nutzt es nicht mehr. Der Schmerz bleibt intensiv. Ah, die Deutschen sind sehr stark! Bevor ich gehe, schreibt die Zahnarzthelferin eine Rechnung von 150 Euro. DIe habe ich nicht dabei. Das ist egal. Bring sie nächstes Mal mit. WIe ich das nächste Mal das Geld herbeischaffe, interessiert keinen. In Spanien müssen alle Zahnarztleistungen voll bezahlt werden. Deshalb hatte Milagros fast keine Zähne mehr im Mund.

Der Tag verlief weiter mit entstehenden Kosten. Ich habe mein Auto im strömenden Regen gesucht. Abgeschleppt. Bei aller Auswahl der Parkplätze habe ich genau dort geparkt, wo Bauarbeiten stattfinden. 72 Euro Abschleppkosten und eine Strafe von 90 Euro. In La Laguna mit der Straßenbahn gut angekommen, bringt mich ein Fotograf zu meinem weiteren Termin. Auf dem Weg sehen wir einen Unfall. Starker Regen und Unfälle sind hier immer eine erste Seite in der Zeitung wert. Ein Polizist attackiert mich, ich solle nicht fotografieren. Ich fotografiere trotzdem. Er reisst mir die Kamera mit Gewalt weg, ich solle mich auf der Polizei melden. Zu meinem nächsten Fototermin habe ich keine Kamera. Jesus, der Fotograf hilft mir aus. Danach sprechen wir mit dem Polizeichef, der sich dafür entschuldigt. Das waren dIe Nerven. Ich habe immer noch enorme Zahnschmerzen.
Übe mich jetzt im positivem Denken. Der Tag war gar nicht so schlecht. Mir hat jemand geholfen meine Zahnschmerzen loszuwerden, Jesus hat mich zu meinem Termin gefahren und für mich fotografiert, und ich habe meine Kamera wiederbekommen. Und den Strafzettel, den habe ich Miguel gegeben. Sein Freund arbeitet auf der Stadtverwaltung.

Karfreitag machen wir eine Chuleta mit der ganzen Zeitung. Chuleta? Was ist das? Irgend ein Essen in Orotava. Ich ziehe endlich mal einen netten Rock an un denke sogar an Stöckelschule. Wird irgendein Essen sein. Als ich mit Juan auf dem Weg in die Berge nach Orotava fahre, wird mir langsam klar was Chuleta bedeutet. Grillen im Wald. 1000 Meter über dem Meeresspiegel, Nebel, Regen und eine Kälte, kaum zum Aushalten. Das hat man davon, wenn man als Ausländer nur die Hälfte versteht. Meinem rosafarbenen Rock wurde von allen bewundert. Na ja die Deutschen, die halten eben Kälte gut aus. Mir war es zu peinlich zu sagen das ich nicht genau verstand was wir machen. Zum Glück hatte ich mich gegen Stöckelschuhe entschieden. Das wäre im Wald auf dem Fussballfeld wirklich nicht angebracht. Das Fleisch war vorzüglich, wir haben ganze fünf Stunden im Regen gesungen! Danach sind wir alle durchgefroren zu Egons Café gefahren. Ein deutsches Cafe in Orotava mit einer köstlichen heißen Schokolade.

Djibril hat mit einem Schlag seine ganze soziale Basis verloren. Sein bester Freund und Mitbewohner ist von der Polizei mitgenommen worden. Die ganze Wohnung durchsucht. Sein Versprechen, nicht mit Drogen zu dealen, konnte er nicht halten. Jetzt wird er längere Zeit im Gefängnis sitzen. Als ältester Sohn muss er die Familie in Afrika versorgen. Lange kann er sein Schicksal nicht verheimlichen. Djibrils Vater hat angerufen. Er habe gehört, und er hoffe nicht dass Djibril darin verwickelt ist. Die afrikanischen Buschtrommeln funktionieren sehr gut. Afrikaner, die auf Teneriffa wohnen, haben selbst in Afrika den Ruf als Drogendealer. Die afrikanische Bar ist geschlossen. Das Mädel aus Santo Domingo wird für längere Zeit im Gefängnis sitzen. Die afrikanische Frau des Eigentümers der Bar wird entlassen. Ihre zwei Kinder versorgt in der Zeit die 20 zigjährige Hafsathu in Djibrils Wohnung. Der Eigentümer wurde im Dezember festgenommen. 150.000 Euro liegen auf einem sicheren Konto. 60.000 Euro wurden in einer Wohnung bei der Durchsuchung gefunden. Und 1.5 kg reines Heroin. Ein Artikel in der La Gaceta erklärt drei Operationen. Unter anderem wurden auch ein deutsches Paar mit 310 kg Haschisch festgenommen. Das Geld ist verführerisch. Man steht morgens um 11.00 Uhr auf, dann kommt der erste Anruf. Treffen in einem Cafe. 100 Euro verdient. Nachmittags shoppen in der Calle Castillo. Dann kommt der nächste Anruf. 200 Euro verdient. Täglich 500 Euro sind in der normalen Arbeitswelt nicht so leicht zu verdienen. Aber die ständige Angst, das Geheimnis, die Lüge begleitet den Alltag. Das Gefängnis liegt auf einer romantischen Anhöhe in La Esperanza. Von dort hat man einen schönen Blick bis zum Angagebirge, gelbes Blütenmeer mit saftigen grünen Wiesen. La Esperanza, die Hoffnung, ist ein schöner Name für ein Gefängnis. Für 1 kg Kokain gibt es angeblich unvorstellbare neun Jahre. Ein Freund von Djibril hat diese neuen Jahre unschuldig abgessen. Weil in der Wohnung Kokain gefunden wurde, und keiner der Mitbewohner sagte, wem das Zeug gehörte, sind sie alle drei ins Gefängnis gewandert. Was für ein Schicksal.

Ich höre mir Diskussionen über Afrika im Forum der Caja Canarias an, Djibril hat anderes zu tun. Der afrikanische Alltag will sich nicht mit Themen wie »Hat Afrika ein Zukunft?» nicht beschäftigen. Der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt. Darunter vier Afrikaner. Es wird über die Schuld des Kolonialismus gesprochen und der Schuld der Regierenden in Afrika. Zwei Kreisläufe existieren nebeneinander. Der Kreislauf der Entwicklungshilfe und der Kreislauf der enormen Ressourcen, die Afrika hat. Kein Geld kommt bei der Bevölkerung an. Passt das Model China auf Afrika, oder was würde ein Che Guevara in Afrika bewirken? Che wird vom El Pais Korrespondenten nicht als Held angesehen. Töten für eine Idee ist einfach töten und nichts mehr. Klatschen im Saal. Und wer diktiert die Preise auf dem Weltmarkt? Stimmen werden laut. Eine Afrikanerin glaubt nicht an die Zukunft Afrikas. Das Thema Irak wird immer wieder als Beispiel gegen Menschenrechte genommen. Eine Millionen Tote, drei Millionen Flüchtlinge und zwei Millionen Verletze in den letzten fünf Jahren im Irak und keiner spricht von einem Genozid. Der senegalesische Touristenführer Ousseynoum spricht sieben Sprachen und versorgt 20 Personen mit seinem Gehalt. In Afrika ist die Familie das Wichtigste in der Gesellschaft. Die KInder versorgen ihre Familie. Das ist ihr ganzer Stolz und dafür gehen sie nach Europa, weil sie in Afrika keine Arbeit bekommen. Jedoch bleiben viele Männer für die afrikansichen Frauen spurlos verschwunden. Sie wissen nicht, ob sie bei der Überfahrt umgekommen sind, oder im Gefängnis gelandet sind, oder sich einfach nicht melden, weil sie nicht in der Lage sind, Geld nach Hause zu schicken. Es gibt sehr viele geschiedene Frauen im Senegal. Aber die Jugend sei die Zukunft Afrikas.

Heute habe ich eine Gerichtsverhandlung fotografiert. Ein Mann um die 40 Jahre hat seine Exfreundin mit 70 Messerstichen getötet. Ich versuche mich in die Realität dieses Mörder hineinzudenken. Was hat er währenddessen gedacht? Sein Spruch: »Jetzt fühle ich mich befreit.« Er bekommt 25 Jahre »La Esperanza«

Keine Kommentare: